Regionalsatire

Die kleine Psychologie der Augsburgerin mit Niveau

 

Die angeschmierte Porscheprotzn

Bei der künstlerischen Gestaltung ihrer Visage verwendet die Angeschmierte im Laufe eines Jahres so viel bunte Farbe wie der Malermeister Steck für die Renovierung einer Häuserzeile in Oberhausen Nord. Allerdings führt die redliche Arbeit des Malermeisters und seiner Gesellen zu einer Verschönerung des Stadtbildes, was bei der Angeschmierten nicht unbedingt der Fall ist. Aber der Geschmack ist ja verschieden und der Mann ist bekanntlich nicht nur ein Eroberer, sondern auch ein Erforscher.

Deshalb findet die Angeschmierte recht leicht einen Partner, vor allem, weil die Männer neugierig sind, was sich unterhalb der Kosmetika befindet.

Die potentiellen Lebenspartner der Angeschmierten rekrutieren sich aus einem ausgesprochen kleinen Pool. Der Angebetete muss unbedingt einen Porsche fahren, keinen Mercedes, das ist ihr zu opamäßig, ein BMW ist ihr zu russenmäßig, ein Audi zu spießig und eine Corvette ist zu zuhältermäßig. In Autofragen hat sie ganz konkrete Vorstellungen: „Wer Geld hat, soll es auch zeigen.“ Leider haben die Freunde der Angeschmierten fast immer mehr Schulden als Vermögen. Folgedessen fällt die Angeschmierte häufig auf die Nase, weil das Automobil aus Zuffenhausen innerhalb von wenigen Tagen vom Gerichtsvollzieher einer Versteigerung zugeführt wird. Die angeschmierte Porscheprotzn ist aber ein Stehaufmännchen oder besser gesagt Weibchen. Sie sucht sich immer wieder Porschefahrer und zwar solange, bis sie einen menschenscheuen, ängstlichen, vom Vater tyrannisierten Unternehmenserben findet, der beträchtliche Aktivposten vorzuweisen hat. Es gibt eine Traumhochzeit. Endlich hat die Porscheprotzn nicht nur Geld für einen 911er, sondern auch die Mittel für einen Cayenne und einen Boxster.

Nun kann sie stundenlang die Maxstraße auf und ab fahren und falsch parken, während ihr Gatte zuhause einsam im Internet surft und das Unternehmen von einem tüchtigen Geschäftsführer erfolgreich geleitet wird.

 

Die dunkelrote Sozizupfl

Immer wenn Leckerbissen wie Garnelen oder ein argentinisches Steak auf den Tisch kommen, fällt die Bemerkung, dass die Kleinrentnerin, deren verstorbener Gatte 30 Jahre als Montagehelfer gearbeitet und einbezahlt hat, sich das nicht leisten kann. Sie prangert die Ungerechtigkeit in Deutschland an und ist dabei fürchterlich selbstgerecht. Sie kann genau belegen, warum der ALG 2 Satz genau 407 Euro und nicht 395 Euro betragen soll. Wenn sie mit Herrn Doktor Klöbner in der Badewanne sitzt, wird es allerdings noch lustiger als mit Herrn Müller Lüdenscheid. Die dunkelrote Sozizupfl beanstandet nämlich nicht nur die hygienischen Verhältnisse in Europa, sondern auch, dass Badeenten von Kindern in Asien zu Spottlöhnen hergestellt werden. Sie ist überzeugt davon, dass Seife und Duschgel an Hartz 4 Empfänger kostenlos ausgegeben müssten und dafür die Tabaksteuer steigen solle.

 

Die wasserscheue Sozizupfl

Das Verhalten der Sozizupfln untereinander ist so unterschiedlich wie das der verschiedenen Wühlmausarten. Die wasserscheue Sozizupfl beteiligt sich besonders gerne an Demonstrationen gegen die Bankenmacht und campiert wochenlang ohne Dusche auf Wiesen. Sie schläft manchmal in besetzten Häusern und ernährt sich aus dem Abfallcontainer der Lebensmitteldiscounter. Besonders gerne trägt sie Pullover, die die Großmutter vor Jahrzehnten gestrickt hat.

Man erkennt diese Abart der Sozizupfl in öffentlichen Verkehrsmitteln auch am Geruch. In olfaktorischer Hinsicht wirkt sie sehr authentisch. Sie riecht nach dem was sie ist, nämlich ein Mensch. Sie stammt meistens aus kleinbürgerlichen Verhältnissen und wurde von der Mutter zu häufig gebadet und mit Sakrotan desinfiziert.

 

Die überstudierte Ökozupfl

Sie kennt sich besonders gut mit normativen Strukturen der Aborigines oder archaischer Indianerstämme aus, legt aber eine CD selbst zwanzig Jahre nach der Erfindung des dazu passenden Gerätes beharrlich mit der silbrigen Seite nach oben ein und wundert sich, warum die Scheibe nicht läuft.

Sie fällt in Ohnmacht, wenn sie Berichte aus dem Schlachthof sieht und beschert Alnatura beste Umsätze. Sie ist auf Gemüseaufläufe spezialisiert und würde am liebsten den Haushund zum Vegetarier erziehen, was ihr aber leider nicht gelingt. Dies hat zur Folge, dass der Haushund Fleisch und Wurst von Edeka verschmäht und nur noch das bei Reiter erworbene frisst. In Ausnahmen vertilgt der Hund auch Pedigree und Cesar, wobei er auf Abwechslung achtet. Zweimal Schwein hintereinander geht gar nicht.

Die Ökozupfl führt einen Feldzug gegen das Rauchen von Zigaretten, benutzt aber zu spiritualistischen Zwecken Räucherstäbchen aus Hinterhindurajestan, die zehn Mal so viel Benzpyren wie eine Schachtel Lucky Strike enthalten. Einparken und Fahren auf der Autobahn stellt für die Ökozupfl ein großes Problem dar, obwohl sie seit Jahren den Führerschein besitzt. Sie fährt eigentlich nur, wenn der Ehemann vom Wein aus biologischem Anbau betrunken ist. Sobald das Heimgrundstück erreicht ist, fährt der Ehemann die letzten fünf Meter in die Garage.

Sie kauft Obst nur dann, wenn es runzlig und dreimal so teuer wie normal ist und hält dies für einen Hinweis auf rein biologischen Landbau.

 

Die Psychotante

Immer wenn es in launiger Runde nach dem ersten Weizen lustig wird, möchte sie unbedingt die Kindheit aller am Tische sitzenden aufarbeiten. Leuten, die täglich die Tagesschau sehen, diagnostiziert sie eine Zwangserkrankung. Männern, die samstags Fußball sehen wollen, bescheinigt sie Infantilität. Sie interpretiert jede Handbewegung. Wenn sich jemand an der Nase reibt, stellt sie Verlegenheit fest und kommt gar nicht auf den Gedanken, dass es den Betreffenden einfach an der Nase juckt. Sie weiß, was Perturbation im Konzept des radikalen Konstruktivismus bedeutet, findet im Haushalt Besen und Schöpflöffel erst nach einer halben Stunde, obwohl sie davon mehrere Exemplare besitzt. Sie kennt einen Psychotherapeuten, der angeblich Neurosen heilen kann, in Wirklichkeit aber das Bankkonto plündert. Diese Tatsache verdrängt sie aber nach den Freudschen Gesetzmäßigkeiten und ist überzeugt, dass Geld nicht glücklich macht.

 

Die Exotin vom Rudolf Diesel Polytechnikum

Sie ist die einzige Absolventin der hiesigen Fachhochschule für Maschinenbau, die die Note 1,0 erhalten hat.

Sie baut Motoren in kürzester Zeit auseinander und wieder zusammen und verspürt beim Einbau einer Zylinderkopfdichtung ein Lustgefühl, wie es sonst nur eine Mutter beim Säugen des Babys verspürt.

Sie bekommt aber Panikattacken, wenn sie einen Menschen grüßen muss und macht daher einen kleinen Umweg, wenn der Nachbar in Sichtweite ist. In Psychotests erreicht sie einen EQ von höchstens 20%. Sie kennt die Integral- und Differenzialrechnung, hat aber Probleme mit der Friseurin einen Small Talk zu führen.