Achtung Satire

Gott online

 

Gott online! Den Weg zur Schriftstellerei habe ich über den Computer gefunden, möglicherweise werde ich den Weg zu Gott ebenfalls durch die virtuelle Welt der Bits und Bytes finden, so dachte ich mir, als ich eine Annonce einer freien Kirchengemeinde in unserer Zeitung las. Fazit: Computer an und rein ins Web. Neugierig klickte ich auf das Symbol „Gott“, ein Symbol das einem persischen Teppich ähnelte. Zuerst erschien die Meldung:  Prüfen Sie die Systemvoraussetzungen! Die Anwendung „Gott“ benötigt  500MHz, 32 MB RAM, Geforce 2 MX

Ja, ja, die letzten werden die ersten sein, heißt es in der Bibel. In diesem Fall einfach ausgedrückt: Der reiche Prasser, der vor 15 Jahren neuntausend Mark für einen Pentium 100 ausgegeben hat, ist chancenlos, während der arme Schüler, der gestern für 20 Euro einen gebrauchten Pentium 3 bei Ebay eingesteigert hat, kommt zu Gott durch. Um nicht auf alle Ewigkeit verdammt zu werden, deinstalliere ich vorsichtshalber ein paar indizierte Computerspiele, zuallererst die grimmigen Monster aus Wow. Anschließend klicke ich auf das Symbol „Gott“. Auf dem Bildschirm erscheint:  

„Sie sind in der Warteschleife, die Anwendung „Gott“ ist im Moment überlastet.“ Ungeduldig  verlasse ich „Gott“ und gehe in das Verzeichnis: „14 Nothelfer und andere Heilige“, zuallererst zum heiligen Antonius, den für mich als Oberschlamper wohl wichtigsten Heiligen. Seit frühester Kindheit empfiehlt mir meine Großmutter zu ihm zu beten, sofern ich etwas verloren habe. Im Augenblick suche ich gerade mein Systemhandbuch. „Geben Sie den Gegenstand, den sie suchen ein“, spricht der heilige Antonius über den 32bit Soundchip. Ich schreibe Handbuch und klicke auf Suchen. Auf dem Bildschirm erscheint ein blinkender Aktenkoffer und tatsächlich, mein Handbuch befindet sich im Koffer.

  

Seltsamerweise war auch der heilige Blasius, er hilft sonderbarerweise nicht bei Blasenentzündung, sondern bei Halsschmerzen, gerade frei, was beim derzeitigen Wetter ein unwahrscheinliches Glück bedeutete. 

 

Selbst der heilige Florian war im Online Chat erreichbar. Er bot mir eine Brandversicherung bei der Iduna Nova für 219 Euro an und fragte mich anschließend über ein Dialogfeld, wem er denn das Haus anzünden solle?

 

Geschäftstüchtig erwies sich auch die heilige Katharina, sie bot die CD-ROM „Sophies Welt“ für 39 Euro an.

 

Franziskus, bekannt für seine Gespräche mit den Tieren, erschien in hoher Auflösung auf dem Bildschirm. Der Heilige aus Assisi, gewandet in einer braunen Kutte, befand sich gerade im Gespräch mit einem dicken rosa Schweinchen. Das Schweinchen meinte, es sei eine bodenlose Sauerei, dass die Sauställe seit Jahren mit  56k er Modems ausgestattet seien, während die Pferde von nebenan bereits die moderne DSL -Technik hätten. Franziskus meinte: „Ich werde dem lieben Gott diesbezüglich eine eMail schicken, aber ihr wisst doch, die Anwendung „Gott“ ist ständig überlastet.“

 

 

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